Intelligente Städte als wichtiger Baustein 


Mit dem 14. Fünfjahresplan wird die Urbanisierung Chinas eine bedeutende Richtungskorrektur erfahren. Während seit dem Beitritt zur Welthandelsorganisation vor allem Know-how aus dem Ausland akquiriert worden ist, stehen nun die Autarkiebestrebungen der Volksrepublik im Vordergrund. 

VON DR. DIANA KISRO-WARNECKE UND RAYMON DEBLITZ : 


Die Abkopplung ist die nächste Phase der Entwicklung dieses so großen Landes. China kennt sie aus seiner Historie; vor circa 500 Jahren schloss das hochentwickelte Land die Grenzen – und fiel zurück. Die neuen Masterpläne reflektieren nun die durch China gelenkte Verknüpfung Eurasiens – mittels der Strategie „Made in China 2025″ und der Abhängigkeiten aufbauenden Silk-Road-Initiative. Einen zentralen Stellenwert nehmen dabei die Themenfelder Daten, Kommunikation und Energie ein. Bei knapper werdenden Ressourcen und damit einhergehenden massiven Umweltbelastungen ist China geprägt durch eine weiterhin wachsende Bevölkerung. Dem China Census zufolge beträgt die Wachstumsrate jährlich 0,36%. Das Reich der Mitte weist einen hohen Energiebedarf sowie in Städten und Metropolregionen einen sehr knappen Wohn- und Verkehrsraum aus. Laut dem United States Census Bureau entfallen mit 1,393 Milliarden Einwohnern 20% der Erdbevölkerung auf China – und damit jeder fünfte Weltbürger.

Herausforderungen urbaner Regionen

Die chinesische Regierung fokussiert sich verstärkt darauf, nachhaltige Ressourcen zu nutzen. Die CO2-Emissionen müssen bis 2050 drastisch gesenkt werden, um die Folgen des Klimawandels abzuwenden. Laut einer aktuellen Studie der Koalition für Urbanen Wandel (CUT) fällt urbanen Regionen dabei eine Schlüsselrolle zu. Über die Hälfte der 7,5 Milliarden Menschen weltweit leben in Städten und sind für circa 75% des weltweiten CO,-Austoßes verantwortlich. Die Studie zeigt, dass mit bewährten Technologien und Praktiken die Emissionen aus städtischen Gebieten bis 2050 um 90% zu senken sind.

Ein wesentlicher, international getriebener Ansatz sind dabei Smart-City-Projekte wie in Stockholm oder Malmö.

Dort wird ein Ökosystem implementiert, das unter Anwendung digitaler Technologien, Big Data, Supercomputing und unter Berücksichtigung unternehmensübergreifender Prozesse sowie Kommunikation (Industrie 4.0) die Effizienz existierender sozialer, ökonomischer und ökologischer Prozesse steigert. Die CO2-Einsparungen solcher Smart-City-Ansätze könnten mehr als die Hälfte der weltweit benötigten CO2-Reduktionen ausmachen. Der chinesische Staat geht die Herausforderungen mit ganzheitlichen städtischen Eco-Systemen noch strukturierter und nachhaltiger an. Die dabei fokussierten Kernkompetenzen für eine nachhaltige Entwicklung sind:

1) Energie: Die chinesische Regierung hat ein starkes Committment zum Einsatz erneuerbarer Energien abgegeben und investiert weltweit am meisten in deren Entwicklung, um die Nutzung dieser Ressourcen zu verbessern; doch noch dominiert die kohlebasierte Energieerzeugung. Daher hat China im Rahmen seiner Strategie „Made in China 2025″ das Thema Energie in zwei Teilzielfelder gesplittet: in „Energieeinsparung & Elektromobilität“ sowie in „Energieversorgung“. Erstmals im 13. Fünfjahresplan (2016) erwähnt, sollen erneuerbare Energien bis 2030 20% des Energiebedarfs decken. 


2) Kommunikation: Neben Glasfasernetzen liegt hier der Fokus auf der neuen Mobilfunkarchitektur 5G und IoT-Ansätzen. Das Kompetenzfeld „Kommunikation“ bildet die Basis für die neuen Digitalisierungsservices wie Smart City, Multimodale Mobilität etc. 


3) Daten: das Fundament für eine schnelle und nachhaltige Umsetzung von ganzheitlichen Smart-City- und Mobilitätskonzepten. Die digitalen Themen Smart City, Mobility und Blockchain-basierte Services erfordern einen schnellen Zugang mit geeigneter Datenstruktur. China hat frühzeitig den Wert aggregierter Daten erkannt. Mit KI-Systemen und Cloud-basierter Speicherung lassen sich Informationen so aggregieren und analysieren, dass je nach Anwendungsfall Schlüsse gezogen werden können, um gesellschaftliche Herausforderungen in Smart Cities zu lösen oder Verkehrsströme zu optimieren. China definierte bereits 2014 das für die Einwohner relevante und 2020 eingeführte „Social Credit System“ sowie das für nationale und internationale Wirtschaftsunternehmen relevante „Social Corporate Credit System“. 


Diese drei Kernkompetenzen des ganzheitlichen Ansatzes für zukünftige Digitalisierungsservices werden China noch unabhängiger vom Ausland machen. 


Chinas moderne Smart-City-Ansätze 

Vor dem Hintergrund ökologischer Herausforderungen in Städten und Metropolregionen hat der chinesische Staat frühzeitig in Smart-City-Konzepte investiert, um mit intelligenten Energieeffizienz-Konzepten dem steigenden Energiebedarf entgegenzuwirken, gleichzeitig die Luftqualität verbessern und auf Basis geeigneter Verkehrskonzepte die knappen Verkehrsräume optimieren zu können. Nach Aussagen von Peng Sen, Präsident der China Society of Economic Reform, durchläuft China im großen Maßstab einen schnellen Urbanisierungsprozess; daher hat die chinesische Regierung bereits im 12. Fünfjahresplan 2011 ein festes Committment zur schnellen Umsetzung von Smart-City-Projekten gegeben. In China laufen die Hälfte der weltweit rund 1.000 Smart-City-Projekte wie zum Beispiel in Shanghai, Beijing, Guangzhou, Xian, Yinchuan und Hangzhou. Das Smart-City-Projekt in Hangzhou ist das interessanteste Projekt, da Hangzhou mit circa 9,47 Millionen Einwohnern eine der bedeutenden Wirtschaftsmetropolen und staatlich geförderten Zukunftsstädte im Osten Chinas ist. Das von Alibaba geführte Projekt wurde unter dem Namen „City Brain“ gestartet und ist seit 2016 im Betrieb. Es basiert im Wesentlichen auf KI-Systemen, die mit Big Data/ Data Analytics und Supercomputing den Verkehr monitoren und optimieren. Die Anzahl von Verkehrstaus wurde so um 15% gesenkt, was zu einem nutzenoptimierten Verkehrsraum und verbesserter Luftqualität führte. 


Hong Kong wächst mit Künstlicher Intelligenz 

Das Zielszenario für Hong Kong ist eine KI-regulierte Stadt mit korrespondierender Verkehrsinfrastruktur, in der ein autonom fahrender ÖPNV den Gast zum Hotel fährt und das gebuchte Hotelzimmer auf Basis intelligenter Gesichtserkennungssoftware betreten kann. Dabei wird unter Einbindung von KI, Big Data und Supercomputing ein weitgehendes Monitoring nicht nur des Autoverkehrs ermöglicht. Es wird deutlich, dass die komplexen Zielvorgaben neben den politischen Besonderheiten eines Smart-City-Projekts eine geeignete Kommunikationsinfrastruktur wie 5G und NB-IoT sowie einen komplexen Big-Data- und Supercomputing-Ansatz voraussetzen. Mit diesem Konzept ist China in der Lage, das Verhalten der Einwohner sowie nationaler und internationaler Marktteilnehmer (Unternehmen) mit den Social-Credit-Systemen zu analysieren und via eines Bonus-Malus-Systems die Staatsziele immer besser zu erreichen. 


Multimodale Mobilität und autonomes Fahren 

Das zweite wesentliche Digitalisierungsthema Chinas im Kontext von Smart City ist die Multimodale Mobilität. Angesichts der hohen Einwohnerzahl und -dichte in den Städten und Metropolregionen sowie eines sehr knappen Verkehrsraums, aber auch sehr hoher CO2- und Feinstaubbelastungen sucht die Regierung nach adäquaten Lösungen. Hierbei werden sowohl der Individualverkehr als auch der ÖPNV unter dem Gesichtspunkt der sinnvollen Verknüpfung unterschiedlicher Verkehrsmittel, Antriebstechnologien sowie autonom fahrender Fahrzeuge betrachtet. Gerade das autonome Fahren ist für China das Mittel, um die Nutzung überlasteter Verkehrsraume mit entsprechender Kommunikationsinfrastruktur sowie zentralen KI-basierten Verkehrsleitsystemen zu maximieren. China hat längst Fakten und Standards geschaffen – und zeigt kontrastierend zu den aktuellen wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen die technologischen und werteorientierten Versäumnisse innerhalb Europas auf. 

Dr. Diana Warnecke, L.M., und Dipl.-Ing. Raymon Deblitz-Warnecke VDI, sind Managing Directors bei T&B ChinaConsulting in Hannover.

Kontakt:  info@chinaconsulting.org, +49 (0) 511-80724-20.

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